28. April 2017

Ein bedeutsamer Arbeitgeber und beachtlicher Steuerzahler mit einer beeindruckenden Entwicklung

Floh-Seligenthal – Stippvisiten von Politikern sind gewöhnlich so lang wie ein Fußballspiel. Doch die Betriebsbesichtigung von Landrat Heimrich, seines Sprechers Christopher Eichler und Wirtschaftsförderin Ulrike Steinmetz in Struth-Helmershof erstreckte sich über zwei Spielzeiten. Die Geschäftsführer Horst und Birgit Bauerschmidt sowie Tochter Dorina Böhner-Bauerschmidt erzählten derart detailliert und unterhaltsam die jüngere Firmenhistorie, dass der Chef der Meininger Kreisverwaltung sich am Ende mit einem „Das war höchst beeindruckend“ verabschiedete. Darunter war Gründergeschichte; vieles könnte in einen Leitfaden für Existenzgründer einfließen. Darunter war ein bisschen Wirtschaftskrimi; die Bauerschmidts haben einst einen dubiosen westdeutschen Unternehmensberater vom Hof gejagt, der sich in Kleinschmalkalden niedergelassen hatte. Darunter war aber vor allem Wirtschaftsgeschichte, wie sie nur in der Nachwendezeit geschrieben werden konnte. „Wir beschweren uns nicht und haben auch keine besonderen Forderungen. Mit der Politik im Kreis und vor allem in der Gemeinde sind wir zufrieden“, betonte die Unternehmerfamilie.

Es war am 1. April 1990, als der zu DDR-Zeiten zwangsverstaatlichte Betrieb als „Horst Bauerschmidt KG“ als einer der ersten zehn in Ostdeutschland überhaupt reprivatisiert wurde. 1994 wurde eine Kunststoff GmbH als Schwesterfirma gegründet. „Wir waren bei der letzten DDRWirtschaftsministerin Christa Luft und Hans Modrow in Berlin“ erinnert sich der Unternehmer, der von Verhandlungen mit der Treuhand und Banken berichtet. Später, beim Rundgang durch die Werkhallen mit ihren turmhohen modernen Anlagen, deutet er auf eine ältere Maschine, die nach drei Jahrzehnten noch ihren Dienst versieht. „Die haben wir damals in Stuttgart für 15 000 Mark gekauft.“
Sie seien damals mit einem Imbiss, einer Thermoskanne Kaffee und 60 Litern Sprit im Kanister nach Süddeutschland gefahren, um die wertvollen DM-Mark nicht anzapfen zu müssen. Das kostbare Begrüßungsgeld sollte nämlich als Startkapital eingesetzt werden. „Ich habe gesagt, ich könne schon mal 200 Mark anzahlen“, erzählt Geschäftsführerin Birgit Bauerschmidt, die in der Gründerzeit nächtelang über Zahlenkolonnen und Abrechnungen saß und den Schriftverkehr noch mit einer alten Reiseschreibmaschine erledigte. „Doch der Lieferant hat kurz gestutzt und uns ganz einfach vertraut. Er wollte den Vorschuss gar nicht haben, in der Hoffnung, wir würden später weitere Maschinen bei ihm kaufen. Haben wir auch.“
Die Firma war die erste, die auf der grünen Wiese im Gewerbegebiet Tonäcker investierte und sich in den vergangenen 27 Jahren dann kräftig erweiterte. Der 1994 errichteten großen Halle sollten weitere Neubauten folgen. Etwas Platz ist noch vorhanden, doch die Wachstumszone ist begrenzt.
„Stillstand bedeutet Rückschritt“, betont Dorina Böhner-Bauerschmidt. Die couragierte Betriebsleiterin und gelernte Steuerfachfrau, die ebenfalls aus dem Holz der Gründergeneration geschnitzt zu sein scheint, ist nach Jahren in Nürnberg in den elterlichen Betrieb eingetreten. „Es muss immer investiert werden, das verlangen auch die Kunden. Die fragen sogar gezielt, was wir vorhaben.“ Ein wichtiges Thema ist dabei die Energieeffizienz. Mit dem Außenkühler konnte der Energieverbrauch um 400 000 Kilowattstunden gesenkt werden. Eine enorme Energiemenge, die Gruppe verbraucht rund 3,2 Millionen Kilowattstunden im Jahr.
Rund 60 Menschen arbeiten in dem Kunststoff-Unternehmen, das Klarsichtfolien und Hüllen, Beutel und Säcke herstellt, deren dünnste Fabrikate kaum dicker sind als ein Haar. Drei eigene Lkw sorgen für Flexibilität in der Belieferung der rund 450 Kunden. „Mit unserem ersten Kunden aus Coburg machen wir heute noch drei Millionen Euro Umsatz“, sagt Horst Bauerschmidt. Geschäfte mit Handschlag seien gar nicht so selten, aber mit großen Unternehmen gehe das kaum. Rund die Hälfte der Produktion gehe in die Bauindustrie. Die Zinspolitik sorge dafür, dass viel Geld im Markt sei und die Menschen in Immobilien anlegten. Der Krankenstand im Unternehmen sei übrigens niedrig. Dafür sorge auch die Gesundheitsprämie, die an die Beschäftigten gezahlt werde. Diese könne zur Urlaubsfinanzierung eingesetzt werden. Zufriedene, fitte und gesunde Mitarbeiter seien ihnen wichtig, betonen die Bauerschmidts. Deswegen gebe es regelmäßig Ausflüge und Feste. Die Gruppe, Mitarbeiter und Management beteiligen sich am Firmenlauf. Auch der fast 68 Jahre alte Horst Bauerschmidt schlüpft ins Sporttrikot.
Lamentieren über Facharbeiternachwuchs gibt es nicht, auch andere Beschwerden bekommt der Landrat nicht zu hören. Dafür aber hohe Zufriedenheit über die Politik von Altbürgermeister Peter Fräbel und dessen Nachfolger Ralf Holland-Nell, aber auch über die der Landräte.
Dass die Landespolitik den erfolgreichen Kreis Schmalkalden-Meiningen zerschlagen will und möglicherweise gar die Fusion von Floh-Seligenthal mit Brotterode-Trusetal verhindern würde, kann vor allem Dorina Böhner-Bauerschmidt nicht fassen.

Kreis soll bleiben

Eine Forderung an die Politik gibt es dann doch: Dies dürfe nicht zugelassen werden. Heimrich, der seine Kritik am Land keineswegs diplomatisch verpackt und den linken Abgeordneten Frank Kuschel ob seiner jüngsten Äußerungen zur Arbeit der Landräte brandmarkt, nimmt den Kampfauftrag an. Er werde alles tun, um dies zu verhindern.
Wichtig sei auch die Förderung des Wintersports in Oberhof, so die Bauerschmidts. Besuche beim Biathlon würden gerne von ihren Kunden angenommen.
Die Großgemeinde profitiert seit vielen Jahren vom Ertrag des prosperierenden Unternehmens. „Es ist immer unter den besten fünf Gewerbesteuerzahlern“, betont Kämmerer Thomas Holland-Nell.

Quelle: Freies Wort Schmalkalden, 5. April 2017 von Thomas Heigl

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